Reflexion about Masunaga
Reflexion about Masunaga
Reflexion über Masunaga zum Artikel von Mike Mandl
Man muss den Mut haben, Dinge zu hinterfragen und Mike versteht es wie kein Anderer, die Dinge prima auf den Punkt zu bringen, auf Papier einzufangen, um den Blickwinkel anderer Menschen zu erweitern. Das ist kein Zufall, wo er doch seit mehr als 20 Jahren in meiner Schule die dauerhafte Geist ist.
China und Japan
Grundsätzlich sehen die Japaner Diagnose etwas anders als die Chinesen. Japaner orientieren sich wesentlich mehr an der Materie, während man in China die Materie eher von jenseits der materiellen Welt betrachtet.
Das hat Einfluss auf das Ergebnis der Diagnose und ihre Form, die Sicht von Yin und Yang in Bezug auf Kondition und Konstitution, die Chi-Qualität, etc. Die Kampfkünste sind ein gutes Beispiel, wie der Samurai, der Ninja, Karate und Judo – alles sehr körperliche Ausdrucksarten des Chi-Körpers. Dagegen drücken sich die Chinesen durch Chi Kung und Tai Chi aus und in der Diagnose wiederum mehr über das Spüren von Puls und Zunge, sowie über das Einschätzen der Gesichtsfarbe. Der Fokus liegt dabei auf der Basis der TCM. Diese sehr differenzierte Form der Diagnose ist notwendig, um auf ihrer Basis genau die richtige Rezeptur von Kräutern zu verschreiben. Auf diesem Zugang baut die tausende Jahre alte Philosophie der chinesischen Heilkunst auf (übrigens steht der moderne Begriff der TCM, den wir seit ca. 60 Jahren kennen, für eine pragmatische, strukturierte und stark vereinfachte Darstellung der Aspekte. Der Theorie der TCM wurde bei Masunaga später erst Platz eingeräumt. Dieselbe Zugangsweise zeigt sich auch in Das Buch von Masunaga “Zen Shiatsu”. Die Intuition erstellt die Diagnose und die Theorie macht sie plausibel und übertragbar. Dazu kam, dass er selbst Psychologie studiert hatte und nachher als Körpertherapeut so der Körper dem Geist und der Seele einen direkten Spiegel über die Meridiane bot (Körperhaltung). Die Psychologie des Körpers war geboren.
Dreidimensionale Meridiandiagnose
Durch die Meridiandiagnose bekommen wir eine Übersicht über den energetischen Zustand des Klienten und können so in einem wesentlich früheren Stadium ein Ungleichgewicht erkennen, da sich auch dessen Kondition und Kondition von Körper, Geist und Seele als Ganzes darstellen. Dem gegenüber steht die Akupunktur oder Kräutermedizin, wo anhand von Puls, Zunge und Gesicht ein eher limitiertes Bild der inneren Organe erstellt wird. Im Meridianshiatsu spiegelt sich der Körper in den verschiedenen Zonen, dem Hara, in der Rückendiagnose, der Körperbehaarung, dem Hauttonus und –teint, der Körper- und Kopfbehaarung, der Beweglichkeit der Gelenke, im Besonderen der großen, rumpfnahen Gelenke wie Schulter und Hüfte, der Stimme, Shen, Hun und Po und der Temperaturverteilung im ganzen Körper. In ein bis fünf Minuten haben wir eine klare Richtung aus ganzheitlicher Sicht, was für den Shiatsupraktiker ausreichend ist!
Ich hatte in meiner Praxis über die Jahre oft Kontakt mir TCM Ärzten aus ganz Europa. Die Diagnose war bei allen sehr ähnlich. Sie stellten Fragen, ähnlich einer Checkliste, während der Diagnose von Gesicht, Zunge und Puls konnte ich immer am Tisch sitzen bleiben, all meine Kleidung anbehalten und ich wurde nie berührt! Sie hatten eine andere, genauere Sicht auf den Zustand von Yin und Yang in den Organen, wie sie sie für ein Kräuterezept benötigen. Eine Sicht, die mittels der Meridiandiagnose schwerer zu bekommen ist, die mir aber auch weniger relevant für uns als Shiatsupraktiker scheint.
Meine Anfänge mit Masunaga
Es war 1976, als ich von Erich, einem Student Masunagas aus Belgien, eingeladen wurde. Die Erste Begegnung mit Masunaga war “Liebe auf den ersten Blick”. Er war ein Mann mit einer freundlichen Ausstrahlung, der sich sehr freute, mich zu sehen. Masunaga war ein Mensch mit einem offenen Blick für die Welt und mit zwei riesigen Händen. Ich hatte gleich einen guten Draht zu ihm und der informelle Kontakt machte es möglich, dass wir lange über die chinesische und japanische Theorie von Yin und Yang diskutierten. Einige Wochen später war ich bereits damit beschäftigt ihm zu helfen, mehr Studenten in sein kleines Dojo zu locken. Ich machte ihm eine einfache Broschüre auf Englisch.
Praxis in der Zeit um 1976
Zu dieser Zeit waren wir ca. 5 Gaijin (Ausländer) aus verschiedenen westlichen Ländern. Das warf das Problem auf, dass wir manchmal den ganzen Tag zu zweit auf einander arbeiten mussten, weil es zu wenig Studenten waren. Das damals erschienene Buch “Zen Shiatsu”, das von Pauline Sasaki auf Englisch übersetzt worden war, war mir eine große Hilfe.
Iokay Tokyo
In einer ganz normalen Wohnung in einem Wohnblock in Hibuya, Tokyo waren zwei kleine Räume von jeweils ca. 40m2. Im rechten Raum wurde von drei bis vier Personen laufend Shiatsu gegeben, zwei Männer und zwei Frauen. Üblicherweise waren das Standardbehandlungen bestehend aus Bauchdiagnose, Rückenlage, Seitenlage, Bauchlage. Die Standardbehandlung sollte erst Harmonie und Gleichgewicht hestellen, als Basis für die folgende Korrektur. Basis-Shiatsu durch solide Berührung bringt das Blut in Bewegung und bewegt das Chi. Die letzten zehn Minuten machte Masunaga was er selbst den “Finishing Touch” nannte. Er machte eine neuerliche Bauchdiagnose und führte letzte Korrekturen durch, wobei er meist den Nacken behandelte. So wurde gearbeitet, den ganzen Tag, 7 Tage die Woche, auch an Feiertagen, mit einem freien Tag im Monat!
Im anderen Raum waren wir Praktikanten und ab und zu konnte Masunaga eine halbe Stunde entbehren um Therorieunterricht bei uns machen. Dann schaute er uns zu und korrigierte uns sofort. Wir begutachteten die Meridiane und Masunaga forderte uns auf, die Meridiane selbst zu finden, statt ihm einfach zu glauben. Manchmal war er sehr feurig unterwegs und wollte uns voller Überzeugung den Weg zeigen, dass wir die Meridiane ohne theoretische Einführung, mit seinen großen Hände als Führung, selbst spüren. Als Psychologe hat Masunaga jahrelang in der Namikoshi Schule gearbeitet, die für eine akupunkturähnliche Technik steht, wo die Tsubos berührt werden, nicht aber die Meridiane. In dieser Zeit hat er sich viele Gedanken gemacht und Anfang der Siebzigerjahre den Sprung gewagt, selbstständig in eine neue, eigene Richtung zu gehen, die klassischen Meridiane zu verlassen und einen typisch japanischen Stil zu entwickeln, wobei die Meridiane eine Stimme bekamen und anfingen, sich über die Arme und Beine auszudrücken.
Masunaga und seine Magie
Während meiner Zeit ließ er uns mit Leintüchern experimentieren, die wir über unsere Studenten legten. Wir lernten in kurzer Zeit die Meridiane durch die Falten auf den Leintüchern zu lesen. So entwickelten wir eine feinere Art der Intuition, wobei das innere Wahrnehmen trainiert wurde. Mit dieser Technik habe ich sehr oft mit meinen Studenten in Holland und der Schweiz gearbeitet. Dabei konnte man sehr gut sehen, wie die Körperzonen atmen, die Falten, die im Leintuch entstanden, zeigen genau wo die Kyo- und JitsuStellen lagen. Wir haben immer wieder versucht, das Leintuch neu aufzulegen und doch zeigten sich immer wieder die gleichen Ergebnisse – da waren keine Missverständnisse möglich. Das wurde ein wichtiges Werkzeug. Als ich diese Bewegung des Chi zum ersten Mal wahrgenommen hatte, konnte ich meinen Augen fast nicht trauen. Seit diesem heiligen Moment habe ich versucht, mit meinen Händen damit zu arbeiten. Auch mit geschlossenen Augen habe ich sehr viel geübt. Das wurde auch zu einem festen Bestandteil in der Arbeit mit meinen Studenten. Ich merkte, dass Strahlung wie ein Kreis um den Körper zirkulierte, ca. 20cm vom Körper entfernt, dann ein weiterer Kreis bei ca. 60cm und so weiter bis zu ca. 150cm, so konnte ich die Wärme wahrnehmen.
Durch die Schmerz-Barriere!
Seit meinem Reitunfall 1974 in Holland, bei dem mein Knie verletzt wurde, hatte ich Probleme damit, mein es abzuwinkeln. So war ich für Masunaga fast täglich Modell, an dem er sich bei Behandlungen austoben konnte. Diese Erfahung hat eine Menge bei mir bewirkt. Weniger, dass das Knie wesentlich besser wurde, sondern die Tiefe des Kyo, wo er immer wieder ansetzte und wo er hingriff, immer in Verbindung mit enormem Druck von seinen großen Händen. Ich habe viel von seinen Händen wahrgenommen und gelernt und durch seine Zwei-Hände-Technik konnte ich den Schmerz gut nehmen!
Das Feuer Masunagas brennt ewig
Ich ehre die relativ kurze Zeit mit Masunaga und wie so oft im Leben, hat diese Erfahrung meinem Leben eine ganz neue Perspektive gegeben. Das Feuer geht nicht mehr aus und kennt kein Ende. Die Fragen, wo genau die Meridiane verlaufen, erwähnte Masunaga öfters, sowie die starke Verbindung mit den Leitbahnen der acht Sondermeridiane. Am Bein so eng zusammen liegend und der Verlauf durch den Uterus und die Eierstöcke, wie auch der Dünndarm und der Chong Mai und der Yin Wei Mai, das Verbindungsgefäß, mit dem Dreifachen Erwärmer. Die Auseinandersetzung mit den Sondermeridianen und den Meridianverläufen waren nicht Masuagas Absicht, sondern sie hat sich aus seiner klinischen Erfahrung einfach so ergeben. 80% der Meridiane verlaufen parallel zu den Faszien. Die Chinesen sprechen oft über die Faszien und es scheint das sie die Meridianen über die Faszien entdeckt haben. Die erste 2 Meridianen waren der Ren Mo und Du Mo diese stehen an der basis für die Entwicklung Evolution des Menschen. Das deckt sich mit meiner Erfahrung mit Shiatsu, dass die Meridiane sich immer in breiteren und schmäleren Bahnen durch den Körper bewegen. Dabei sind diese Bahnen an der Oberfläche manchmal schmal bis sehr dünn, in der Tiefe eher breiter, abhängig vom Alter des Menschen, seinem Zustand und seiner Kondition.
In dieser Richtung sind noch viele Fragen offen und es wäre sicher interessant, das andere Buch von Masunaga, das “Keiraku”, das Buch der Meridiane, zu lesen, das bisher niemand auf Englisch oder Deutsch übersetzt hat. Dadurch könnte das Buch “Zen Shiatsu” eine völlig neue Perspektive bekommen.
Nach 40 Jahren hat sich die Botschaft Masunagas in mir selbst transformiert und zu Verständnis geführt und auch viele andere Studenten, die direkt mit Masunaga gearbeitet haben, haben ihren eigenen Stil entwickelt und in vielen Fällen Großes bewirkt und große Kompetenz in der Heilung erlangt. Der ganzheitliche Blick, der Körper, Geist und Seele als Einheit sieht, hat in mir eine eigene Sprache entwickelt, wobei ich die Meridiane nur als Teil verstehe. Sie verlaufen da, wo es der Körper braucht, berührt zu werden. In den Spitälern habe ich interessante Experimente gemacht, mit amputierten Armen und Beinen. Ich habe sie einfach “ätherisch” behandelt, legte ein Stück Holz statt dem Bein hin und die Effekte von Kyo und Jitsu waren dieselben. Auf diese Weise konnte ich auch erfolgreich Phantomschmerzen behandeln. Wir wissen, dass wenn ein Organ, z.B. die Gallenblase, Niere oder die Milz enfernt wurde, die Aktivität in den betreffenden Meridianen normal bleibt. Der Mensch hat die Fähigkeit, sich über einen fantastischen regenerativen Metabolismus selbst zu heilen – etwas abhängig von der Konstitution der Person, könnte auch ein Organ nachwachsen.
Als Teil des Erbes war der Zen Geist gratis mit dabei!
Ich habe in den vielen Jahren nach seinem Tod viele Behandlungen durchgeführt. Masunagas sehr pragmatischer Zugang, Yin und Yang mit dem Verlauf der Meridiane zu verbinden, sein plastischer Einstieg, ja das wart absolut mein Ding.
Masunaga hatte keine Zeit mehr, um seine revolutionären Entdeckungen zu verfeinern. Er starb 1981 im Alter von 53 Jahren. So hat er diese Aufgabe uns, seinen Studenten, in die Hände gelegt. Er verließ diese Welt sehr plötzlich und hat eine immense Inspiration hinterlassen, eine riesige Werkzeugkiste, eine Sandkiste und eine Gebrauchsanweisung.
Tomas Nelissen
Gründer der International Academy for Hara Shiatsu